Ostern vor Culatra: Ragnarök und die Sahara zu Besuch

Schon eine Woche vorher hatten wir einen angesagten Sturm unter Beobachtung, der auf den Wettermodellen wie die Flamme eines Bunsenbrenners aussah und aus der Straße von Gibraltar raus pusten sollte. Die Vorhersagen waren etwas besorgniserregend und sehr, sagen wir mal…,“flexibel“. Der regelmäßige Wind lag in der Ansage zwischen 14 und 20 Knoten. Die Sturmspitzen sollten zwischen 40 und 50 Knoten liegen.

Alter, so eine Vorhersage können wir auch machen! Auf was soll man sich da vorbereiten? Auf das Jüngste Gericht oder Ragnarök? Oder doch nur ungemütliche Sturmtage, untermalt mit Lumumba im Schiff?

Die Ankerbucht leerte sich und wir waren, bis die Serenity kam, mit nur zwei anderen Ankerliegern allein auf weiter Flur. Ein polnisches Schiff versuchte, sich vor dem Sturm im Yachthafen von Olhao zu verkrümeln, wurde dort aber wegen den Corona Restriktionen abgewiesen. Also war „Durchhalten“ angesagt.
In der Nacht ging es dann los! Die ganzen 14 Tonnen Schiff zerrten an kleinen, nur 10 mm starken Ankerkettengliedern.

Die Lagune ist zwar weiträumig durch vorgelagerte Inseln und Sandbänke geschützt, aber insbesondere bei Starkwinden aus Ost und West kann sich auch hier eine recht große Welle aufbauen. Häufig guckten wir nachts nach draußen und der Ankeralarm auf Handy und Tablet wurde aktiviert. Außerdem lag auf dem Vordeck unser zweites Ankergeschirr für den Notfall bereit. Der Morgen empfing uns mit dem Baumarkt-Wandfarbton „Das Gold der Sahara“. Auch das Schiff nahm schnell diesen Farbton an und noch immer haben wir überall auf dem Schiff diesen feinen Saharastaub, den der Wind mitbrachte. Was für ein Schmodder!

Obwohl wir die meiste Zeit während der fünftägigen Starkwindphase das Schiff, der Wellen wegen, nicht mit dem Schlauchboot verlassen konnten, war es insgesamt aber nicht so schlimm wie angesagt.
Mit den Freunden der Serenity verbrachten wir schöne Stunden und auch Ostern konnten wir genießen, weil nach dem Starkwind das Wetter schnell besser wurde. Wir unternahmen Wanderungen an den kilometerlangen, menschenleeren Stränden, sammelten mal wieder Plastik-Müll, aber auch Muscheln, mit denen wir ein bisschen bastelten. Herrlich ruhige Tage …nach all dem Stress der letzten Monate! :-)))

Ganz untätig waren wir aber auch nicht. Seit Beginn unserer Reise fahren wir einen Wassermacher durch die Gegend, der den Wert eines gebrauchten Kleinwagens hat und der aus Meerwasser (salzig) Trinkwasser machen kann. Das ist eine relativ aufwendige Technik mit vielen Filtern, Ventilen und Schaltern! 2017 hat der Captain das alles mal verstanden. Heute musste er den Wassermacher überhaupt erst einmal finden. Bei Einschalten der Pumpen fing es unter seinem Bett in der Heckkabine überall an zu tropfen, weil Schlauchverbindungen und –Anschlüsse sich gelöst hatten oder durch die Vibrationen gebrochen sind. Wir sind aber nun soweit, dass wir täglich unsere 20 Liter Wasser produzieren. Das reicht zum Trinken, Duschen, Kochen und Abwaschen. 10 Liter Wasserverbrauch pro Person und Tag! Für Nichtsegler sicher wenig – für uns purer Luxus! Und die Energie für den Wassermacher gewinnen wir aus unseren Solarmodulen. Das ist das Lebensmodell der Zukunft! Auf die körpereigen Gerüche sollte man allerdings nicht allzu sensibel reagieren!

Mit dem besseren Wetter füllte sich die Lagune auch wieder langsam mit Ankerliegern. Jochen (haben wir schon in Portimao kennengelernt) mit seinem Kat stieß dazu und eine Gruppe junger Leute, die mit der „Cisco“ unterwegs waren, deren Voreigner, Louisa und Matthias, wir in Alvor kennengelernt hatten. Sie haben das Schiff erst vor kurzem übernommen und sind nun auf ihrer ersten Fahrt hier in der Lagune gelandet. Ihr etwas unterdimensioniertes Ankergeschirr hielt nur eine Nacht und sie gingen heute Morgen auf Drift.
Wir kramten unseren Zweitanker raus, der auch dachte: „Really? Schon wieder? Wer ist es denn diesmal?“ Die eingeübten Handgriffe saßen und der Anker war schnell ausgebracht.
So könnte es weiter gehen, wenn, ja wenn nicht am kommenden Montag unser Sliptermin in Olhao wäre, an dem das Schiff aus dem Wasser kommt.

« von 2 »

Ein Gedanke zu „Ostern vor Culatra: Ragnarök und die Sahara zu Besuch“

  1. Seid ihr doch noch im Süden ?

    Wenn ja, gute Entscheidung 🙂

    Schätze, in Deutschland wird es noch dauern bis man die Krise in den Griff bekommt. Von daher segelt nach Osten ins Mittelmeer oder wagt den Sprung über den Atlantik in Richtung USA.

    Bleibt munter und gesund,

    LG Berti

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert