Fronkreisch, Fronkreisch

Wie ist es uns in der letzten Zeit ergangen? Gut!! Wir haben uns im Hafen von Saint Brieuc eingelebt und zusammen mit Ilona und Andreas sowie Bente, Arnd und ihren beiden Kindern nette Tage und Abende verbracht.  Bente nahm uns mit in das schöne Plévenon, wo wir bei bestem Wetter den Grill anschmeißen konnten. Das machte Jörg besonders froh, denn Grillen ist in der französischen Küche offenbar nicht vorgesehen. Es gibt hier keine öffentlichen Grillplätze, wie wir sie aus Deutschland, Dänemark und Schweden kennen, auch Grillkohle ist nicht so leicht in den Supermärkten zu bekommen! Jörg hat sich fest vorgenommen, unseren Aufenthalt in Frankreich zu nutzen, um der französischen Nation diesen, für ihn lebenswichtigen, Brauch nahezubringen. Er arbeitet zurzeit daran, Grillen als Schulfach einzuführen.

Als Mehldi wie geplant hier eintraf und wir nun ein Auto zur Verfügung hatten, nutzten wir es für diverse Ausflüge. Wir machten Strandwanderungen bei Les Rosaires, schlenderten durch das Touristen-Städtchen Paimpol, bestaunten die rauen Klippen am Cap Fréhel und waren fasziniert von den riesigen rosafarbenen Felsen an der Côte de Granit Rose bei Trégastel. Hier hat man das Gefühl, sich mitten in einer schlecht gemachten Filmkulisse zu befinden, weil alles so unecht aussieht!

Oft blickten wir bei Sonnenschein und moderatem Wind sehnsüchtig auf´s Wasser und die Segelboote und fragten uns, warum wir in den letzten Monaten nicht auch öfter mal ein solch schönes Segelwetter hatten…. Aber wir sind auch ein Stück weit froh, dass wir an diesem Fleckchen Erde nicht so schnell vorbei gerauscht sind, denn es gibt hier so viel Schönes zu entdecken, dass sich ein längerer Aufenthalt auf jeden Fall lohnt.

Höhepunkt unserer Ausflüge war der Besuch der berühmten Abtei Mont-Saint-Michel, ein Kloster auf einem Felsen gebaut, der bei Springtide komplett vom Wasser umschlossen wird. Die ersten Steine zu diesem gewaltigen Bauwerk wurden im Jahr 708 n. Chr. gelegt. Dem Bischof Aubert von Avranches erschien ein Erzengel, der ihn mit dem Bau der Abtei beauftragte. Der Bischof nahm den Engel jedoch zunächst nicht ernst und er musste ihm zwei weitere Male erscheinen, bevor Aubert endlich einen Stein in die Hand nahm. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie der Erzengel genervt die Augen verdrehte und seufzte „muss ich denn alles dreimal sagen…?!“. Es war damals das gleiche Problem wie heute: die Männer hören ihren Engeln einfach nicht richtig zu!!

Heute besuchen rund 2,5 Millionen Menschen pro Jahr diesen beeindruckenden Bau. Obwohl wir außerhalb der Hauptsaison dort waren, war es schon recht „belebt“ und man mag sich gar nicht vorstellen, was für ein Gedränge dort wohl im Hochsommer herrscht. Zunächst schiebt man sich vorbei an Souvenirläden und Restaurants, aber dann wurden wir von einer tollen Touristenführerin durch die alten Gemäuer geleitet. Super interessant!

Schließlich war der Tag gekommen, an dem wir mit Mehldi wieder nach Hamburg fahren wollten. Kurz vor der Abreise wollte Jörg noch Diesel zwischen Haupt- und Tagestank umpumpen. Leider hat er vergessen, einen Hebel rechtzeitig wieder umzulegen und damit das Befüllen des kleinen Tagestanks zu beenden, so dass dieser überlief. Der Motor, die Motorraumisolierung, Ersatzteilkisten….also eigentlich der ganze Motorraum wurde mit stinkendem Diesel geflutet! Steffi und Mehldi erinnerten sich schlagartig an die Gefängniszellen im Mont-Saint-Michel, dorthin hätten sie den Captain gern spontan verbannt. Nach einer schweigsamen Putzaktion ging es dann endlich Richtung Heimat.

eine blöde Zeit liegt hinter uns

Liebe Leute,

Ja, wir wissen, dass wir lange nichts von uns hören lassen haben. Aus verschiedenen Gründen stand uns in der letzten Zeit nicht der Sinn nach „Geschreibsel“. Aber ihr sollt natürlich auch an den weniger schönen Phasen unserer Tour teilhaben. Hier nun also endlich eine kurze Übersicht darüber, was bei uns in den letzten Wochen passiert ist:

Am 18. Juli auf der Tour von Nieuwpoort (Belgien) nach Boulogne sur Mer (Frankreis) erreichte uns aus der Heimat die traurige Nachricht von einem Todesfall im Freundeskreis. Wir hatten bis zuletzt auf gute Nachrichten gehofft, der Tag war nicht mehr zu retten.

Damit nicht genug. Versehentlich legten wir eine Halse hin, was dazu führte, dass das Heck angehoben wurde und wir stark krängten. Das Schiff lief komplett aus dem Ruder und als wir die Maschine starten wollten, um wieder auf Kurs zu kommen, sagte diese keinen Mucks! Aus dem Kühlsystem muss bei der ungewöhnlichen Schiffslage Wasser zurück in den Motor gelaufen sein und hat die Zylinderräume geflutet. Das war nur im Hafen zu beheben.

Da uns die Gegebenheiten des Hafens unbekannt waren (Verkehr im Hafen, Wellengang vor der Einfahrt, Strömung) ging Jörg auf Nummer sicher und setzte einen Notruf ab: „Pan Pan, Pan Pan, Pan Pan, this ist Sailing yacht Bigfoot….“ Kurz vor dem Hafen wurden wir vom Rettungsboot empfangen und in rein geschleppt. Schnell präsentierte man uns die Rechnung von über 600 EUR. Man gönnt sich ja sonst nix…! Gott sei Dank konnten wir das Problem selbst beheben und der Motor hat keinen bleibenden Schaden genommen.

In Boulogne sur Mer bildete sich eine Gruppe von deutschen Seglern, deren Gesellschaft wir gut gebrauchen konnten! Wir warteten hier auf das nächste Wetterfenster, um nach Dieppe zu kommen. Am 2. Tag in Dieppe machte sich Steffi auf eine haarsträubende Busfahrt nach Hamburg auf, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Die Rückfahrt nach Frankreich war dann zum Glück wesentlich angenehmer. Denn unsere Freunde Silvi + Martin hatten sich für eine Woche Mitsegeln angekündigt und so konnte Steffi bei den beiden im Auto mit fahren!

Silvi + Martin verwöhnten uns kulinarisch nach Strich und Faden und brachten uns wieder zum Lachen! Sie behielten auch ihre gute Laune, obwohl wir wieder einige Tage auf das richtige Segelwetter warten mussten. In einer ziemlichen Bolzerei ging es 35 Meilen nach Fécamp gegen Wind und Welle. Am nächsten Tag erwartete uns gemeinsam der bisher schönste Tag der Reise: Motoren, 7 Makrelen gefangen, Segeln, ankern, Baden, Segeln und am Abend im bisher schönsten Hafen in Honfleur unseren Fisch gefuttert.

Und immer wieder der Blick auf den Wind und die Tide im Seerevier! Mann, war Jörg angenert! Wir sind heilfroh, dass wir Silvi und Martin um uns hatten!! Nachdem sie abgereist waren und wir traurig zurück blieben, warteten wir…..na, worauf? Genau: auf den richtigen Wind!!! Es sollte nur ein kurzer Stopp in Oistreham werden, weil es schon um 03:45 Uhr (warum? Ja… die scheiß Tide) in Richtung Cherbourg ging. Kurz vor Cherbourg erwartete uns das „Barfleur Race“. Races sind Tidenautobahnen, in denen die Strömungen aufgrund der geographischen Gegebenheiten stark beschleunigt werden. Der Revierführer malte die Hölle mit Worten… Wir suchten uns einen Tag mit Windstille aus. Trotzdem sah man schon von weitem die sich brechenden weißen Wellen auf sich zu kommen. 1,5 Stunden Achterbahnfahrt waren angesagt.

Geschafft und um eine Reviererfahrung reicher erreichten wir Cherbourg. Schon nach kurzer Zeit wurden wir wegen der bevorstehenden Alderney Races nervös. Das sind die nun stärksten europäischen Tidenströme. Die beiden anderen Schiffe, die uns begleiteten, und die uns inzwischen davon gefahren sind, hat es dort ordentlich erwischt. Jörg kam die Tage in Cherbourg kaum zur Ruhe! Tide, Wind, Kursplanung und eine undichte Wasserpumpe am Motor, die  uns zwei Tage beschäftigte, sorgten für wenig Frohsinn.

Alles wurde und wird leider noch begleitet von der Sorge um Jörg´s Großmutter, deren Gesundheitszustand sich kontinuierlich verschlechtert. Wir schafften es einfach nicht, die schönen Dinge wahrzunehmen, geschweige denn, uns auf sie zu konzentrieren. Ja, wir haben blöde Tage hinter uns. Aber: immer, wenn wir uns so richtig scheiße fühlten, kamen nette Menschen um die Ecke und bauten uns auf. In Cherbourg waren es Silvia und Marek aus England, die uns aufmunterten. Auch unsere weit entfernten Segler-Freunde, die Heiks von der „Flying Fish“ und Iris und Robert von der „Mari-Luise“ hatten immer ein offenes Ohr für uns. Vielen lieben Dank dafür!

Wir verbrachten viele Stunden damit, den für uns richtigen Abfahrtstermin und die passende Route raus zu suchen, um die Races zu ihrer ruhigsten Stunde zu durchqueren. Es hat sich gelohnt! Zwar gab es an einer Stelle, an der wir es nicht erwartet hatten, noch einmal kostenloses Karussell, aber die Races waren kaum wahrnehmbar.

Und… wir sind jetzt auf Guernsey!!! Yippiiieeehhh!! Wir konnten uns schon ein bisschen umsehen und sind fasziniert von der rauen Schönheit der Insel! Hier bleiben wir ein paar Tage und kommen hoffentlich zur Ruhe. Nun mal Schluss mit dem Gejammer!