Guadiana: Work-Life Balance, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, eine verlorene Jugend und eine Trennung

Hatti ist mit seiner Hängematte endlich im Guadina! Nach dem Ausflug nach Cádiz war jetzt Entspannung angesagt.

Lustig: das erste was passierte war, dass die Hängematte zerriss, als Hatti sich hinein legte.
Steffi: „Kommentare hierzu sind ausdrücklich erwünscht!

Ein böses Omen? Mal sehen!

Wir meldeten uns schon früh bei Ursula und Alex an, die mit Baby, Hund und Hühnern auf einem Grundstück bei Alcoutim leben, welches man nur nach einer Wanderung über Stock und Stein oder mit dem Beiboot erreichen kann. Zusammen mit den Leuten, die wir dort kennen, sind sie der Dreh- und Angelpunkt und schnell war mal wieder der Grill aufgebaut.

Wir boten uns an, bei anstehenden Arbeiten auf dem Grundstück gern zu helfen. Weil sie mittlerweile ein zweites Grundstück mit Hütte ihr Eigen nennen, wurde das Angebot auch dankend angenommen. So fanden wir uns auf dem Dach und in der Hütte mit Farbe und Pinsel wieder. Ein paar Tage waren wir fleißig und wollten dann Neues erkunden.

Was ist eigentlich flussaufwärts hinter Alcoutim? Endet dort die bekannte Welt? Fällt man dort sogar von einem Rand in´s Unendliche (es gibt bestimmt einige der dortigen Aussteiger, die daran glauben :-))? Die Dorfältesten berichteten allerdings, dass man noch ein gutes Stück flussaufwärts fahren kann. Bis Mértola soll bei Hochwasser, über kleinere Stromschnellen hinweg, schon jemand gekommen sein – was noch heute am Lagerfeuer in Liedern besungen wird.

Das wollen wir auch! „Wir dringen dabei in Welten vor, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist!“ (Star Trek)

Auf geht´s! Es beginnt damit, dass bei Pomarao die Betonnung endet. Zeitgleich bricht das Mobilfunknetz ab und Empfang hat man nur noch, wenn man auf einen Berg klettert.

Ab Pomarao kann man noch eine Zeit lang nach Flusskarten (Navionics Seekarten) auf dem Plotter navigieren. Zu dem Zeitpunkt, wo wir dort längs motorten, waren die Tiefen jedoch 1,5 Meter geringer, als die angegebenen Tiefen. Der Grund dafür könnte sein, dass seit dem Sommer wegen Wassermangel kein Wasser mehr aus den Stauseen zur Stromgewinnung abgelassen wird. Das hatte auch zur Folge, dass der Fluss bei Alcoutim durch das einströmende Atlantikwasser noch salzig war.

Bei Penha d’Águia enden aber auch die elektronischen Seekarten. Von unserer Freundin Dody hatten wir handgezeichnete Skizzen des weiteren Flussverlaufes bekommen.

Bemerkenswert, wie schnell unsere Elbseglerinstinkte wieder aufkamen. Untiefen wurden durch Wasserverwirbelungen erkannt, in Kurven nahmen wir, wie auf der Elbe auch, immer die Aussenkurven, weil dort das Wasser schneller strömt und es dort tiefer ist. Von Seitenarmen hält man Abstand, weil dort kleine Barren entstehen. So trauten wir uns sehr langsam, manchmal nur treibend, bei auflaufendem Wasser noch ein paar Meilen weiter flussaufwärts… bis uns das alles etwas mulmig wurde. Hier warfen wir den Anker. Aufgrund der Geräusche, die die Kette machte, war klar, dass der Fluss hier keinen gut haltenden Schlammgrund hatte. Der Ankergrund war steinig bis felsig, worauf auch ein sprunghaftes Echolot während der Fahrt hindeutete.

Meine Güte, was war das hier einsam! Tagelang kein Mensch, kein Schiff, kein Mobilfunknetz. Die Geräusche, die wir wahrnahmen, waren ausschließlich natürlichen Ursprungs: das Zirpen von Grillen, das Blöken eines Schafes oder das Plätschern von Wasser. Ansonsten RUHE!!! Nicht einmal Hatti traute sich, diese magische Stille mit seinen ausbaufähigen Gesangskünsten zu unterbrechen.

Es war sooo einsam, dass man Hatti sogar mit einem Buch rumlaufen sah. Ein sehnsüchtiger Blick ging häufig zum Handy und zittrigen Händen verbot der Verstand, zuzugreifen.

Die Natur aber war einmalig und wir sahen einen Sternenhimmel, wie wir ihn schon lange nicht mehr gesehen haben. Eine Erfahrung, die man viel zu selten macht!

Die letzten 7 Kilometer nach Mértola wollten wir mit unserem Schlauchboot LittleFoot bewältigen. Gespannt auf die vor uns liegenden Stromschnellen machten wir uns früh morgens bei passendem Wasserstand auf den Weg.
Nach 50 Metern ging der Aussenborder schlagartig aus und war nicht mehr zum Weiterlaufen zu überreden. Die 50 Meter gegen den Strom zurück zum Boot zu rudern hatten es in sich.

Insofern hatten wir noch Glück! Wäre uns das nach zwei Kilometern passiert…es wäre ein anstrengender und sehr langer Tag geworden!
Der Motor war auch nach Zerlegen von Vergaser und Benzinpumpe nicht mehr zu starten. Alles deutete darauf hin, dass es Probleme mit der Zündung gab. Was haben wir in den letzten Jahren für Ärger mit diesem Motor gehabt!

Ohne Motor brauchten wir uns hier auch nicht länger aufzuhalten und so fuhren wir am nächsten Tag zurück nach Alcoutim.

Hier warf auch Alex als KFZ-Meister einen Blick auf den Motor. Irgendwie bekamen wir ihn mit Aussetzern wieder zum Laufen. Er lief aber nicht rund und wir fragten uns, ob die Investition in eine neue Zündspule sich noch lohnte!? Das Vertrauen in den Motor war bis in seine Grundfeste erschüttert.

Als dann sich wieder der Vergaser als zusätzliches Problem meldete, war klar, dass es auf eine Trennung hinausläuft. Hatti hatte die Faxen dicke und er wollte nicht auch noch den Rest seiner Jugend mit Reparaturen an dem Motor verbringen.

Ein Angebot in Portimao passte und dank Fahrdienst von Ursula und Alex hatten wir schnell einen Neuen an Bord. Wieder eine erhebliche Ausgabe, die nicht eingeplant war, aber bei den Ankerzeiten die wir haben, ist das Beiboot mit Motor elementar wichtig!

Obwohl das Ankern vor Alcoutim wirklich schön ist und es dort eine tolle Gemeinschaft gibt, kribbelte es uns nach drei Wochen wieder und das Verlangen nach Segeln, Stränden und einem Horizont wurde stärker. Wir verabschiedeten uns und segelten weiter Richtung Portimao. Hier werden wir den Winter verbringen.

4 Gedanken zu „Guadiana: Work-Life Balance, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, eine verlorene Jugend und eine Trennung“

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