Die Villa Kunterbunt: Gefühlschaos, die „EinEimerKlärgrube“, Feuer, Behörden und Handwerker

Da sind wir nun! Und jetzt?

Ja, sowas fragt man sich nach der ersten Nacht im neuen Eigenheim in der “Fremde”.

Von Deutschland aus konnten wir online schon den Wasseranschluss organisieren. Wasser…check!

Strom gab´s noch nicht! Wir machten es uns einfach und wählten den ehemals staatlichen Stromanbieter EDP.

Erster Anlauf in deren Büro: nach einer Stunde Wartezeit erhielten wir die Info: Systemabsturz! Heute wird das nichts.
Für den zweiten Versuch brauchten wir einen ausgedruckten Kaufvertrag als Eigentumsnachweis. Problem: Wir hatten kurzfristig weder Papier noch Strom für unseren Drucker. Lösung: wir fanden hauchdünnes Butterbrotpapier im Haus und der mitgebrachte Benzinstromgenerator kümmerte sich um den Drucker.

Leider scheiterten wir wieder, weil im Vertrag nur der Name des Hauses („Vivenda os meus netos“ -Villa unserer Enkel) und nicht die Adresse eingetragen war. Also zu einem anderen Amt, um uns eine entsprechende Übereinstimmungserklärung zu holen. Im dritten Anlauf ging alles gut und nach insgesamt einer Woche hatten wir Strom – es war eine sehr romantische Zeit bei Kerzenschein! 😉 Strom check!

Schnell wurde klar, dass das Abwasser nicht wirklich abfließen wollte. Bei der Klospülung leckte es außen und innen an den Rohren. Es ist üblich, dass an den alten Häusern irgendwo und irgendwann einmal eine Sickergrube angelegt wurde, die in den seltensten Fällen den Namen eines Zwei- oder Dreikammersystems verdient. Oftmals wissen die Erben gar nicht mehr, wo der ganze Sch… landet. Häufig ist es nur ein Rohr, welches irgendwo im Garten endet – von duftenden Rosen umgeben!!??

Infolgedessen ging es nur noch ganz selten auf den Pott. Hatti verweigerte sich dieser zivilen Errungenschaft gänzlich und baute sich sein eigenes Einkammer-Eimer-System. In Verbindung mit einer Spitzhacke für den harten felsigen Boden funktionierte es sehr gut! Meint er…

Langsam eröffneten sich uns die Baustellen in dem Haus. Damit haben wir gerechnet und auch darauf gehofft, weil wir dann erste Pläne zur Modernisierung und Umgestaltung machen konnten.

Steffi war in dieser Zeit sehr euphorisch und sie machte das Haus schnell zu ihrem. Wir hatten Wasser, Strom, ein gutes Bett von den Voreigentümern und konnten auf einem ewig alten Gasherd kochen. Das Wohnzimmer konnte man mit dem mitgebrachten Sofa sogar als gemütlich bezeichnen. Das Haus war unter Campingbedingungen bewohnbar und für sie passte alles.

Bei Hatti war es komischerweise anders. Durch die Arbeiten bei seinen Kunden sah er als erstes die erforderlichen Renovierungen auf sich zu kommen und die Frage „Haben wir uns übernommen?“ schwirrte in seinem Kopf. Das sagte er Steffi aber erst sehr spät. Komisch, bei Kunden wäre er sorglos an die Arbeiten rangegangen, hier aber überfiel ihn zeitweise Mutlosigkeit.

Gut, dass Steffi das mit ihrer Stimmung auffangen konnte. Dieses blöde Gefühl bei Hatti verschwand dann aber auch nach einer Woche. Geholfen hat in dieser Phase die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Portugiesen. Auf den Ämtern war man extrem bemüht, uns zu helfen. Wurden wir zu einem anderen Amt durchgereicht, schrieb man unser Anliegen auf Portugiesisch auf einen Notizzettel, damit wir auf dem Folgeamt keine sprachlichen Probleme bekommen. Nachbarn kamen auf uns zu und in der Dorfkneipe fanden wir schnell Anschluss zu den Locals.

Mit unserem Dorf Vale do Calvo scheinen wir einen Glücksgriff gemacht zu haben. Keine bekannte Kriminalität, jeder kennt und achtet auf jeden, tolle Natur um uns herum und will man etwas mehr Trubel, ist man in 15 Minuten in der Kreuzritterstadt Tomar oder im Wallfahrtsort Fatima.

Aber: In der Umgebung brannte es in den Wäldern fast täglich. Es war so viel Qualm in der Luft, dass wir zeitweise die Fenster nicht öffnen konnte und Ascheregen rieselte auf uns herab. Diese unheimliche Szenerie wurde von der rauchverhangenen Sonne und einer Vielzahl von Löschflugzeugen am Himmel noch einmal zusätzlich untermalt. Nach ganz kurzer Zeit hatten wir über unsere portugiesische Bank dann auch eine Hausversicherung in der Tasche! Fühlt sich gut an 😉

Im Haus ist Einiges zu renovieren. Wir wollen eine Wand rausnehmen, die Elektrik erneuern, eine Klärgrube bauen, Fußböden erneuern, Bad und Küche einbauen und und und. Aber: Das Dach ist schon erneuert und aufgrund der Hausgröße sind die Arbeiten im Moment überschaubar. Wir können uns Zeit lassen und Vieles auch in Eigenleistung selbst machen, wenn wir wollen.

Wir fingen an, viele Dinge wegzuschmeißen, aufzuräumen und zu sortieren. Eine Hauswand, die uns wegen einer fehlenden Dachrinne schwarz anguckte, wurde gestrichen und eine Rinne mit Fallrohr montiert. Der Abstellraum, der über einen Hohlraum im Boden gebaut wurde, sah aus als ob er mittig im Boden eine Abstützung gebrauchen konnte und eine Stützmauer wurde gemauert! Wir begaben uns auf die Suche nach Handwerkern, die mit ersten Arbeiten beginnen können, wenn wir auf dem Schiff sind.

Und damit kommen wir zu den hiesigen Handwerkern! 🙂
Irgendwie ist hier jeder Handwerker und alle laufen bis in den Sonntag hinein mit Arbeitsklamotten herum und uns wird allerorts Hilfe bei den anstehenden Arbeiten angeboten.

Lustig ist aber, dass mit dem Hilfsangebot, manchmal sogar gefolgt von einer Begehung, irgendwas im Kopf der Leute passiert. So nach dem Motto: „Hilfe angeboten, alles angeguckt, ein büschn schlau geschnackt – check! ….und jetzt guuuucken wiiiir maaaal gaaaanz laaaangsam!
Man hat ja über Hören-Sagen schon mal was über die hiesige Zuverlässigkeit mitbekommen. Womit wir aber nicht gerechnet haben: Alle, wirklich alle Kontakte waren eine Woche vor Abfahrt für konkrete Auftragsvergaben in unserer Abwesenheit nicht mehr erreichbar. Keine der Mails und Nachrichten wurden mehr beantwortet, keine versprochenen Angebote trudelten ein und wir fühlten uns nach den guten Erfahrungen auf den Ämtern, kurz vor Abfahrt zum Schiff, irgendwie ein bisschen allein gelassen und dachten schon, wir hätten uns irgendwann mal falsch verhalten.

Am Tag vor unserer Abfahrt stand aber ein Trupp von fünf Leuten vor unserer Tür, darunter auch die lokalen Handwerker: „Im Moment hat keiner Zeit und einige sind unterwegs zur Weinernte – habt ihr zufällig ein kaltes Bier?“ Dieses in einem Satz genannt, war zwar etwas komisch, aber so fand alles noch einen versöhnlichen Abschluss, bevor wir am nächsten Tag fuhren.
(Wir hatten noch reichlich Kühles im Kühlschrank!)

Wir verschoben weitere Treffen auf Januar, wenn wir wieder für einen Monat zum Haus fahren werden. Gleichzeitig reifte auch die Einsicht, dass wir hier in Portugal dazulernen und uns an die Gepflogenheiten gewöhnen müssen, aber auch künftig mit zuverlässigeren Leuten zusammenarbeiten werden: Mit UNS!!! Wir werden also mehr selber machen, als wir ursprünglich planten.

Insgesamt fuhren wir mit einem sehr guten Gefühl zu unserem Boot: wir sind der Überzeugung, es mit dem Immobilienkauf richtig gemacht und das für uns passende Haus in einer schönen Umgebung gefunden zu haben. Aus den drei Wochen haben wir alles rausgeholt, was in der kurzen Zeit zu bewerkstelligen war. Jetzt freuen wir uns auf BigFoot und eine Auszeit nach den anstrengenden Monaten.

2 Gedanken zu „Die Villa Kunterbunt: Gefühlschaos, die „EinEimerKlärgrube“, Feuer, Behörden und Handwerker“

  1. Hallo, Ihr Lieben! Da habt Ihr ja wieder reichlich Arbeit gehabt! Vielen Dank für die ausführliche Schilderung der Ereignisse. Wie immer sehr launig geschrieben. 🙂 So wie ich Euch kenne, werdet Ihr die Schwierigkeiten gut umschiffen, im wahrsten Sinne des Wortes. Lieber Hatti, Dein tolles WC würde ich an Deiner Stelle zum Patent anmelden! 🙂 Ich wünsche Euch ganz viel Freude, Bigfoot wartet schon sehnsüchtig auf Euch. Sicher meldet Ihr Euch bald wieder. Ich freue mich auf weitere spannende Geschichten. Machts gut!

  2. Ihr beide schafft das sicher! Manchmal verlässt einen der Mut, weil alles über den Kopf zu wachsen droht. Das liegt bei Euch aber auch daran, dass Ihr wirklich urlaubsreif ward, als Ihr nach Portugal aufgebrochen seid.
    Ja, die Portugiesen liebe ich, sie sind wirklich nett und hilfsbereit. In Spanien gibt man sich weitaus weniger Mühe. Insofern, ganz sicher das richtige Land gewählt und das richtige Dorf mit liebenswerten Nachbarn. Viel Erfolg bei allen Arbeiten und gute Ideen!

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