Porto: Das Buch der Hattermänner, Verstauchung, Daniel

Unser Hafen Povoa de Varzim liegt nicht weit entfernt von Porto und dazwischen steht unser Kangoo Willy und wartet, seit Martin ihn bei seinem Rückflug ab Porto dort abgestellt hat, auf uns. Mit der Bahn waren wir fix da und holten den Autoschlüssel im Yachthafen von Leixoes ab, wo er hinterlegt war. Schön, sich wieder zu sehen! Mit Willy sollte eine 2-tägige Besichtigungstour in Porto starten mit einer Übernachtung irgendwo an der Atlantikküste.

Porto ist nach Lissabon die zweitgrößte Stadt Portugals. Erste Besiedelungen können in der Bronzezeit (2200 Jahre vor Christus) belegt werden. Die Griechen bauten hier ihren ersten Handelsplatz, der von den Römern freundlicherweise fortgeführt wurde. Als die Römer um 540 nicht mehr so gut drauf waren, übernahmen die Westgoten die Regie, um sie dann aber um 716 an die Mauren wieder zu verlieren. Im Zuge der sogenannten Reconquista fiel das Gebiet 1092 endgültig unter christliche Herrschaft. Heute bildet Porto das industrielle und wirtschaftliche Zentrum Portugals.
Aber: erst vor 20 Jahren begann der Aufschwung der Stadt, die von der Bausubstanz und der Wirtschaftskraft eher einem albanischen Bergdorf mit angeschlossener Ziegenzucht glich. Bis vor einiger Zeit war es gefährlich, nach Einbruch der Dunkelheit durch die Gassen der Altstadt zu gehen. „In voller Montur rein, nackt wieder raus“. Die Gesetzeslage ermöglichte es, Mietshäuser zum Mietpreis von 15 – 50,- EUR pro Monat an nachfolgende Generationen weiter zu geben. Dass der Eigentümer nur wenig Interesse hatte, die Häuser instand zu halten, versteht sich oder? Die Gesetze wurden geändert und internationale Investoren belagerten den Immobilienmarkt. In winzigen Bruchbuden stieg der Mietpreis um zum Teil 1000%! Bei einem Monatseinkommen von manchmal nur 500 – 700 Euro war das für viele nicht mehr zu bezahlen. Auch die Restaurantpreise verdreifachten sich in kurzer Zeit. Folge: in den letzten Jahren nahm die Bevölkerung im Altstadtteil um 140.000 Menschen ab.

Wir schlenderten den ganzen Tag ziellos durch Porto und ließen uns einfach nur treiben. Nach 24.000 Schritten wurde es gegen Nachmittag langsam Zeit, einen Übernachtungsplatz zu suchen und wir fanden ihn hoch oben auf einem Felsen mit Blick auf den Atlantik. Genial! Standardmäßig kauften wir noch Käse, Schinken, Baguette, Schoki, Chips, Bier und Wein ein und ließen es uns gut gehen. Lustig ist es, wenn man mit anderen Campern zusammensteht und in einem Ei wie einem Kangoo campt. Die Nachbarn fühlen sich aufgerufen, uns zu „helfen“. Korkenzieher, morgens heißes Wasser und Tee landeten bei uns inklusive einer neuen netten Bekanntschaft aus Wiesbaden.

Für ein Fotomotiv meinte Hatti, den Sprung einer jungen Gazelle nachahmen zu müssen. Im Sprung fühlte sich das auch so an! Die Landung allerdings war dann eher die eines bei einem Flugversuch gescheiterten übergewichtigen Nilpferdes. Auch seine Segelohren waren nur wenig hilfreich. Verstauchung des Fußballens! Aber das Foto war es wert, oder?

Für den 2. Tag buchten wir über das Internet eine Stadtführung.

Unsere Empfehlung für Porto: Porto Walkers (Link). Fragt nach Daniel und ihr erhaltet von einem jungen Schauspieler eine genial unterhaltsame, kostenlose Stadtführung (aber jeder kann ihm eine Spende in die Hand drücken – und wir versprechen Euch, er ist jeden Euro wert!!!).

Ihr bekommt sehr gute Restaurantempfehlungen und Hintergrundwissen über Porto. AFD Anhänger sollten sich aber einen anderen Guide suchen! Oder besser: das liberale und weltoffene Porto ganz meiden ;-).

Die Preise in den kleinen Altstadtbars und Restaurants sind mit 6,- EUR für ein Menü inkl. Getränke unschlagbar. An den hippen Restaurants am Flusslauf schlenderten wir, ob der Goldgräberstimmung die dort herrscht, nur vorbei. Nehmt die kleinste, dunkelste und zwielichste Bar und ihr macht nix verkehrt! In den kleinen ursprünglichen Gassen fühlten wir uns in der Zeit verloren (Treppen muss man übrigens schon mögen!).

Der Eintritt von 3,- EUR in die Kathedrale ist es unserer Meinung nach wert. Hier lag auch ein Exemplar des „Buches der Hattermänner“ aus, wie Hatti Steffi erklärte. In diesem Buch steht geschrieben, wie sich die Ehefrauen der Hattermänner zu verhalten haben. Hatti kennt dieses Buch natürlich auswendig und zitiert oft daraus. Leider gibt es erste Tendenzen seitens der Frauen, von diesen althergebrachten und über Generationen bewährten Regeln abzuweichen. Sogar die Existenz eines solchen Buches wurde schon angezweifelt – was ja nun aber widerlegt ist! Wenn sie doch nur zu schätzen wüssten (der Einblick ist ihnen natürlich untersagt), dass die Regeln schon sehr liberal ausleget werden… Es war nicht leicht diesen Absatz „genehmigt zu bekommen“. 🙂

Überall sind sie anzutreffen: Kacheln! Wer in Porto ist, kommt in diesem Sinne an dem Bahnhof nicht vorbei. Am besten hat uns aber immer das Abbiegen von den Touri-Ameisenstraßen in kleine menschenleere Gassen gefallen. Kleine Bars ohne Werbung und quasi in´s Wohnzimmer/Küche der Bewohner eingerichtet und damit der finanzamtlichen Kontrolle entzogen 🙂 – herrlich! Und alle total freundlich, obwohl die Stadt tagtäglich von Besuchern überfallen wird. Wir lieben Porto!!!

Nun stand am Folgetag noch eines der größten portugiesischen Volksfeste an und wir überlegten, noch eine Nacht länger zu bleiben. Allerdings sprachen unser Körpergeruch und ein Wetterumschwung mit Südwinden und Schwell im Hafen dagegen. Entschluss: Zum Schiff, duschen, ausschlafen, Schiff schwellsicher vertäuen und wieder mit dem Auto nach Porto rein! Wir berichten!

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