0Abschiedsparty

Schon 2 Wochen vor der Party begannen die Vorbereitungen. Es wurde geräumt, geputzt, geschmückt und eingekauft. Die Supermärkte boten uns von jetzt auf gleich die Gold Card an und im Handelshof wurden wir persönlich mit Handschlag begrüßt.

Doch wir waren nicht allein. Von alles Seiten bekamen wir Unterstützung. Partyequipment wie Bierzeltgarnituren, Grills, Pavillon, Kühlschränke etc. wurden uns zur Verfügung gestellt. Mit vereinten Kräften wurde die Bootshalle zum Ballsaal umfunktioniert.

…und dann kamt Ihr…

Ehrlich, auch wenn wir leicht hektische Flecken auf den Gesichtern hatten und Euch kaum begrüßt hatten um dann schon wieder weiter zu springen, haben wir uns über jeden einzelnen von Euch gefreut.

Hier an dieser Stelle würde ich gern noch soooo viel sagen, weiß aber nicht wie, ohne Euch zu langweilen.

Also mache ich es kurz: Wir beide sind überglücklich und dankbar, so viele tolle Freunde und Verwandte zu haben!

Danke auch an Anka, die im engsten Familienkreis BigFoot noch einmal gesegnet hat.

Und natürlich ein Dankeschön an Udo, der uns mit seiner Rede den Tränen nahe brachte.

3 Tage nach der Feier waren wir mit dem Aufräumen durch, nicht ohne die Bierreste weiter zu dezimiern.

Dann machten wir uns an die Geschenke. Vier Stunden lang wühlten wir uns durch Basteleien und Umschläge. Wie Kinder in einem Spielzeugladen saßen wir mit großen Augen zwischen Papier und Folien. Eure Wünsche und die verbalen Liebkosungen rührten uns sehr und sorgten für ein Dauer-Wimmerkinn.

Auch hier machen wir es kurz: vielen vielen Dank für die tollen Geschenke!!!

 

Der geplante Seenotfall

Der Seenotfall. Das ist ein Begriff, der einem das Bevorstehende ein wenig vermiesen will und den man am liebsten in den Ordner „Dinge die die Welt nicht braucht“ abheften möchte. Wir sind jedoch so gestrickt, dass Sicherheit bei uns oberste Prio hat und die Vorbereitung auf denkbare Eventualitäten das Portemonnaie schrumpfen und die Ausrüstung wachsen lässt.

Ein Notfall tritt für uns ein, wenn eine Person über Bord geht, das Schiff sinkt oder sich jemand an Bord schwer verletzt. Ein Sturm ist damit nicht per se ein Notfall.

Mann über Bord: Hierfür haben wir uns Sender zugelegt, die an die Rettungsweste montiert werden. Bei Wasserkontakt lösen diese einen Alarm aus, der auf allen Kartenplottern und UKW Seefunkgeräten der umliegenden Schiffe sichtbar/zu hören ist. Zusätzlich trägt bei Nacht jeder noch große Knicklichter bei sich. Aber!!!!!: Die Situation Mann über Bord darf es einfach nicht geben!!! Überall auf dem Schiff sind Haltepunkte und Leinen angebracht, an denen wir uns einpicken und sichern können.

sinkendes Schiff: Das Schiff selbst ist durch zwei Kollisionsschotts im Bug und Heckbereich schon relativ sicher. Zusätzlich haben wir viele Materialien zur Leckabwehr an Bord: Lecksegel, Leckpaste, Stopfen, Keile, Axt und Brecheisen (für den Fall, dass ein Leck hinter irgendwelchen verbauten Bereichen auftritt), starke Magneten, Bauschaum und zuletzt Jörgs Hintern, der auch größere Leckagen abdichten kann. Zur Brandabwehr stehen 4 Feuerlöscher und eine Argongas Löschanlage für den Motorraum bereit.

In Sachen Verletzungen wurden wir von unseren Freunden Meentje (Apothekerin) und Eckhard (Chirurg) toll beraten und sind dabei, einen Notfallkoffer zu packen. Neben den „normalen“ Medikamenten werden Dingsbumse zur Behandlung eines Pneumothorax, Brüchen und Wundnaht besorgt.

Grabbag: Ein wenig lustiger wurde es bei der Vorbereitung eines 4 Tage Wellnessurlaubes in der Rettungsinsel. Neben den wichtigsten Sachen wie Wasser, Nahrung, Seenotsender, Leuchtraketen usw. machten wir uns auch Gedanken darüber, wie man sich die Zeit vertreiben kann. Ein Kartenspiel, ein Buch und, für ganz aussichtslose Situationen, eine Flasche Schnaps, kamen auf die Liste.

Alles Dinge, die wir hoffentlich nie brauchen werden. Bestellt sind max. 5 Windstärken, Sonne und jedes Jahr ein kleiner Lottogewinn. Mal sehen, wie das mit der Dienstleistungsqualität da oben so bestellt ist…

Leute! Was ist das für ein Wetter die letzten drei Wochen???

Es stürmt, schneit und hagelt. Zwischendurch lässt sich die Sonne blicken und meint: „Ich kann wenn ich will, aber ich will nicht, ihr durchgeknallten Segler!“

Unser Liegeplatz ist zudem noch sehr exponiert, weshalb es an unserer Steganlage und im Schiff kracht und ruckelt. Aussenarbeiten bedeuten Nahtoderfahrungen. Wir versuchen zumindest, im Schiff alles auf Vordermann zu bringen und Gerwerkel kopfüber in irgendwelchen Backskisten vergraben lässt uns bei dem Wellengang die Seeverhältnisse auf dem Atlantik erahnen.

Am Ostermontag reichte es uns dann. Die Stromzählerscheibe verlor aufgrund der Fliehkrafte bereits ihre Beschriftung und die Heizung schaffte es dennoch nicht. Zurück zu Jörgs Eltern in unser kleines Zimmer!

Trotzdem, es geht voran. Jeder Gang vom Schiff zum Auto oder umgekehrt erfolgt nicht ohne mindestens eine Klappbox. Das momentane Leben ist ein einziges Geschleppe. Stets versuchen wir zu klären, welche Dinge an Bord bleiben müssen und auf welche wir verzichten können…das immer tiefer liegende Schiff im Auge behaltend.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben.

Bevor wir die Leinen los werfen können, ist aber noch Vieles zu erledigen. Zunächst einmal muss das Boot in´s Wasser. Immer wieder schön ist der Moment, wenn man feststellt „es schwimmt“!! Ein Segelboot ist kein Segelboot, so lange der Mast nicht gestellt wurde. Auch das lässt jedes Mal den Blutdruck ansteigen. Natürlich wurde wieder etwas vergessen, so dass Steffi nachträglich den Mast erklimmen musste. Mutprobe bestanden!

Schließlich ging das Geschleppe wieder los. Alle Bootssachen, die im Winter auf dem Dachboden gelagert waren, mussten eingeräumt und angebracht werden. So fanden Segel, Klappräder, Geräteträger, Windgenerator, Radar, Schlauchboot, Tauchausrüstung etc. wieder ihren Platz an Bord.

Jörg hat nochmal „eben schnell“ ein Funkzeugnis erworben. Er ist jetzt stolzer Besitzer des LRC (Long Range Certificate). Herzlichen Glückwunsch! 🙂

wir werden langsam nervös

Unbarmherzig rückt der Abfahrtstermin näher und man ist sich seiner Gefühle nicht sicher: Freude, Angst, gestresst, niedergeschlagen, den Tränen nahe (nur ein kleiner Auszug aus der Gefühlspalette).
Obwohl wir schon mehrere Jahre planen wird es auf den letzten Metern, wie immer, nochmal eng. Zumal der Start jobbedingt ein paar Jahre früher kommt, als gedacht.

Es waren/sind sooo viele Dinge zu erledigen:

Das Schiff brauchte noch Streicheleinheiten mit Flex, Schweißgerät, Hammer und Pinsel.
Wir mussten uns von unseren Arbeitgebern trennen. Steffi war 13 Jahre und Jörg 17 Jahre im Job. Hier müssen wir beide dem starken Reiz widerstehen, uns ein wenig über die letzten Jahre im Job auszulassen. Und belassen es auch dabei…es würde…neee! Ich halte meine Klappe!
Versicherungen mussten geregelt werden, Testament und Vollmachten wurden angefertigt, Seeschiffsregistereintrag, Impfungen, Autoverkauf, Homepage undundund.
Insbesondere unserem Verwandten- und Freundeskreis wollten wir noch viel Aufmerksamkeit zukommen lassen. Wir hoffen es ist uns gelungen! Oft drehten sich die Gespräche um unsere Reise und ein Blick in die Runde sagte uns, dass wir diese Menschen schon bald für lange Zeit nicht wieder sehen werden.
Hinter Brunsbüttel beginnt für uns Terra Incognita! Seekarten und Revierführer wurden, wenns ging, gebraucht im Internet gekauft. Gebraucht? Der eine oder andere mag, ob des veralteten Kartendatums, aufhören. Wir nutzen die Seekarten jeweils nur als Backup für den Fall, dass die Elektronik ausfällt und damit auch der Kartenplotter.
Unsere Fotoausrüstung wurde aufgepimpt, neues Laptop, neue Rettungswesten, Handys, Ersatzteile für das Schiff… Ey!!!! Jeder hielt die Hand auf! Für das Geld, was kurz vor Abfahrt über den Tresen ging, kann man sich Schiffe kaufen!
Wenn wir untergehen, dann im Luxus!

Die Abschiedsparty will natürlich auch vorbereitet sein.